NEIN zu Rechtsextremismus und Rassismus

Grundsatzpapier „NEIN zu Rechtsextremismus und Rassismus“

- beschlossen von der Bundesmitgliederversammlung des Bundes der Deutschen Landjugend vom 25. bis 27. April 2008 in Bremen -

I. Präamel

Der Bund der Deutschen Landjugend lehnt jede Form des Extremismus, insbesondere Rechtsextremismus und Rassismus, entschieden ab. Er setzt sich für die Hinführung der jungen Menschen zu einem toleranten, sozialen und kritischen Verhalten gegenüber der demokratischen Gesellschaft und den Mitmenschen ein. Extremismus verstehen wir als Geisteshaltung, die neben sich keine anderen Wahrheiten dulden will. Sie setzt das eigene Deutungsmuster/Weltbild absolut und ist zum Dialog nicht fähig. Extremisten wollen ihre Gesinnung unbedingt durchsetzen und schrecken manchmal auch nicht vor Gewalt zurück. Wenn in diesem Sinne extremer Autoritarismus, Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit oder Antisemitismus vertreten wird oder der Nationalsozialismus verherrlicht oder verharmlost wird, sprechen wir von Rechtsextremismus.

Wir lassen nicht zu, dass die ländlichen Räume und junge Menschen in den ländlichen Räumen von Rechtsextremen, ihrer menschenverachtenden Ideologie und Propaganda vereinnahmt werden. Wir wollen die demokratische Kultur stärken. Demokratie beinhaltet für uns nicht nur Mitbestimmung, sondern auch Menschenwürde, Freiheit, Solidarität, Meinungsfreiheit sowie die Gleichwertigkeit aller Menschen.

Es ist notwendig die ländlichen Räume gegen die rechtsextreme Vereinnahmung zu schützen. Rechtsextreme rechnen in den ländlichen Räumen generell mit weniger Gegenwehr, im Vergleich zum städtischen Raum erscheint die Ansprache von jungen Menschen über jugendkulturelle Angebote einfacher. Insbesondere dort, wo es an Jugendarbeit und sozialer Infrastruktur mangelt, sehen wir die Gefahr, dass finanziell gut ausgestattete rechtsextreme Gruppierungen die Lücken füllen und bessere Angebote machen können.

Entschiedenes Handeln sowie die Bildung von Netzwerken mit allen AkteurInnen in den ländlichen Räumen ist gefragt, um die rechtsextremen Aktivitäten und ihre handelnden Personen zu stoppen. Die Schaffung und Erhaltung von attraktiven Lebens- und Bleibeperspektiven für junge Menschen lässt Angebote und Aktivitäten der Rechtsextremen ins Leere laufen.

II. Herausforderungen

Der Bund der Deutschen Landjugend sieht mit Besorgnis auf die Erscheinungsformen des Rechtsextremismus und blickt dabei auf folgende Herausforderungen:

  1. Rechtsextremismus und Rassismus dürfen nicht einseitig als jugendliches Phänomen betrachtet werden. Das Engagement gegen Rechtsextremismus ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.
  2. Zivilcourage jedes Einzelnen muss überall Unterstützung finden. Spezielle Initiativen und Projekte zur Stärkung dieses Engagements gilt es zu fördern und anzuerkennen.
  3. Kommunen und kommunale Vertreter müssen sich vor Ort gegen rechtsextreme Handlungen und Gruppierungen stellen. Rechtsextremismus kann auf lokaler Ebene am besten bekämpft werden. Hierzu müssen langfristig notwendige finanzielle Mittel von EU, Bund, Ländern und Kommunen gesichert werden, um eine kontinuierliche Prävention zu gewährleisten.
  4. Um vor Ort einschreiten zu können, wo entschiedenes Handeln zum Schutze von Einzelnen oder Gruppierungen nötig wird, muss die Polizei ausreichende Personalressourcen aufweisen. Unerlässlich ist eine kontinuierliche Weiterbildung der Polizeikräfte, damit sie im Umgang mit Rechtsextremen vorbereitet sind. Ebenso unerlässlich ist eine personell gut aufgestellte Justiz, damit Strafverfahren unmittelbar folgen und die konsequente Strafverfolgung von rechtsextremen Delikten und Gewalttaten möglich ist.
  5. Jede/r Einzelne und auch lokale bzw. agrarische Vereine und Verbände, Organisationen, demokratische Parteien und kommunale Ausschüsse müssen selbst auf Missstände vor Ort aufmerksam machen und gemeinsam nach Lösungen suchen bzw. sie an den entsprechenden Stellen anbringen. Wir akzeptieren Rechtsextreme nicht als selbsternannte SprecherInnen der ländlichen Räume.
  6. Jugendarbeit muss der rechtsextremen Jugendarbeit mit ihren Angeboten die Grundlage entziehen. Die Vermittlung von sozialen Kompetenzen sowie die individuelle Stärkung und Wertschätzung von jungen Menschen kann als Prävention gegen rechtsextreme Vereinnahmung wirken. Jugendverbandsarbeit trifft junge Menschen in ihrer Lebenswirklichkeit an und stattet sie mir den Fähigkeiten und Mitteln aus, ihr eigenes Umfeld aktiv zu gestalten.
  7. Gerade Jugendverbände sind zunehmend gefordert, ihre ehren- und hauptamtlichen MultiplikatorInnen im Themenfeld Rechtsextremismus und Rassismus zu sensibilisieren und fortzubilden. Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit rechtsextremen Einstellungen und Handlungen sowie Informationen über Anlaufstellen zur Unterstützung vor Ort sind hierfür wichtige Aspekte.
  8. In strukturschwachen Regionen ist eine Abwanderung von gut ausgebildeten jungen Menschen, insbesondere von qualifizierten jungen Frauen zu beobachten. Neben der Verschlechterung des sozialen Klimas und den schlechten wirtschaftlichen Aussichten in diesen Regionen, birgt diese Problematik auch Potenzial für rechtsextreme Verhaltensweisen.[1]
  9. Jugendliche werden sich mehr mit den demokratischen Grundwerten dieser Gesellschaft identifizieren, wenn sie erfahren, dass ihre Sichtweise und Argument von der Politik Beachtung und Gehör finden und PolitikerInnen ernsthaft nach Lösungen für fehlende Ausbildungs- und Arbeitsplätze suchen. Politik muss glaubhaft sein und für Transparenz bezüglich politischer Entscheidungen sorgen.

III. Landjugend als Akteur gegen Rechtsextremismus und Rassismus

Der Bund der Deutschen Landjugend, als gesellschaftlich anerkannte und unabhängige Organisation und Akteur in den ländlichen Räumen, sieht auf Grund seiner Position besondere Chancen und Möglichkeiten die ländlichen Räume gegen rechtsextreme Vereinnahmung zu schützen. Konkrete Handlungsfelder sind dabei:

  • Schaffung und Erhaltung von Lebens- und Bleibeperspektiven für junge Menschen in den ländlichen Räumen.
  • Initiierung und Mitwirkung an lokalen Netzwerken.
  • Alle Jugendliche dürfen an unseren Angeboten teilhaben solange sie diese nicht als Plattform für rechtsextremes Gedankengut nutzen.
  • Die Sensibilisierung und Fortbildung von ehren- und hauptamtlichen MultiplikatorInnen.
  • Vermittlung von interkultureller Kompetenz und die Anerkennung von Vielfalt.
  • Die Durchführung von internationalen Begegnungen.

IV. Forderungen

Damit der ländliche Raum besser gegen eine Vereinnahmung von rechtsextremen Gruppierungen und Organisationen geschützt ist, fordern wir:

  • Unbürokratische Unterstützung und Anerkennung von zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen Rechtsextremismus und Rassismus.
  • Die finanzielle, strukturelle, personelle und ideelle Unterstützung der Jugendarbeit vor Ort.
  • Auf Dauer angelegte Investitionen in die soziale Infrastruktur und in die ländliche Soziokultur.
  • Entgegenwirkung der Abwanderung von gut ausgebildeten jungen Menschen und speziell der Frauen aus strukturschwachen, ländlichen Gebieten durch lokale ökonomische Initiativen.
  • Bewährte und neue Projekte in der Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus müssen langfristig gefördert und unterstützt werden. Das fachliche Erbe aus dieser guten Praxis muss gesichert werden und somit dazu beitragen, dass das Thema nicht nur anlassbezogen und kurzfristig bearbeitet wird.
  • Finanzielle Mittel für eine personell gut aufgestellte Polizei und Justiz.
  • Die etablierten Parteien müssen die inhaltliche Auseinandersetzung mit Rechtsextremen suchen, um ihren WählerInnen, soweit möglich, im demokratischen Spektrum Angebote machen zu können.

 


[1] Vergleiche: Steffen Kröhnert, Reiner Klingholz: „Not am Mann – Von Helden der Arbeit zur neuen Unterschicht? Lebenslagen junger Erwachsener in wirtschaftlichen Abstiegsregionen der neuen Bundesländer“ Hrsg: Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Mai 2007